Marathonlauf
Corona ist keine Kurzstrecke, sonder ein Marathon. Mit der Frage von Pfingsten “Was will das werden?” sind wir nicht viel weitergekommen und von einer möglichen Antwort sind wir weit entfernt. Inzwischen sind wir am Erntedankfest vorbeigekommen und laufen auf Weihnachten zu. “Was will das werden?”.
Das Weihnachtshütten-Team hat sich bereits im September entschieden, keine Hütten aufzubauen. Stattdessen soll es an jedem Adventssonntag um 18 Uhr eine musikalische Abendandacht geben. Wer dazu gerne Glühwein oder Punsch trinken und Plätzchen essen möchte, möge alles einfach selbst mitbringen. “Was will das werden?” Das könnte sehr schön werden.
Im Kirchenvorstand machen wir uns natürlich Gedanken, wie wir den Heiligen Abend, Weihnachten, Silvester und Neujahr feiern können. “Was will das werden?” Noch wissen wir es nicht.
Wir wollen uns nichts vormachen: Die Zahlen steigen. Nicht nur in Deutschland steigt die Zahl der Coronainfizierten, auch in vielen Ländern Europas und der Welt, dort oft drastischer als bei uns. Optimistisch stimmt, dass es bei uns nur sehr wenige schwere oder gar tödliche Krankheitsverläufe gibt. Bisher gelingt es, die sogenannten vulnerablen Menschen, also vor allem die ältere Bevölkerung zu schützen.
Eine Untersuchung hat in der vorigen Woche einen eigenartigen Widerspruch ergeben: Menschen werden ängstlicher, was das Coronavirus angeht – zugleich aber werden sie sorgloser, was ihr eigenes Verhalten im Alltag angeht. Wie ist das zu erklären?
Das eine ist der öffentliche Bereich, der von der Nachrichtenlage beherrscht wird. Da besteht bei sehr vielen Menschen Grund zur Sorge. Das andere ist der private Bereich, wo viele einfach meinen, verschont zu werden; und wo es etliche leid sind, sich an strenge Vorschriften zu halten. So entsteht ein Widerspruch, der sich in großen, privaten Feiern oder in Nachlässigkeit beim Händewaschen oder Abstandhalten zeigt. Man sagt: Ja, es ist alles schlimm, aber uns wird es nicht treffen. Natürlich ist das Wunschdenken. Verschont werden und verschonen kann nur, wer sich schützt – und wer vor sich schützt.
“Was will das werden?” Hoffentlich nicht Gleichgültigkeit und Überdruss. Sondern: Verantwortung. Verantwortung übernehmen für sich und andere, für Familie und Fremde – selbst dann, wenn die Gefahr gering scheint. Auch wenn wir uns vieles nicht erklären können, können wir aber doch erkennen: Dieses harte Jahr ist auch eine Prüfung für unsere Verantwortlichkeit füreinander. Erträglicher wird alles, wenn wir die bittere Aufgabe gemeinsam tragen und uns zu mehr Verantwortung ermutigen. Gott hat uns als verantwortliche Lebewesen geschaffen. Er freut sich über jeden Menschen, der nicht hinter seinen Möglichkeiten, verantwortlich zu leben, zurückbleibt.